Eine "Geschichte" aus meinem Leben - Person auf den Gleisen...

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Maggan22
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Eine "Geschichte" aus meinem Leben - Person auf den Gleisen...

Beitrag von Maggan22 »

Vorsicht - Triggerwarnung Suizid!

Es muss kurz vor Weihnachten oder kurz vor Sylvester 2003 oder 2004 gewesen sein - ich kam mit meinem Kindern vom Besuch bei meiner Mutter. Es war schon recht spät. Der Kleine noch im Kinderwagen. Der Große 4 oder 5 Jahre war ganz Lieb, aber der kleine war schon recht unruhig. 3 Stationen noch zum Umsteigen in den Zug Richtung Heimatstadt - das Ziel zum greifen nah. Ich war schon recht erleichtert, den letzten Bus noch zu bekommen der uns noch ins Dorf bringt. Plötlich ging nichts mehr. Mitten im nirgendwo, ringsum nur Felder. 5 Minuten stillstand, 10 Minuten stillstand. Rundherum getuschel, raunen, nervosität. Hier und da schon schimpfen. Und dann die Durchsage. Und plötzlich werden soviele Probleme doch völlig lächerlich. Ich weiß noch wie ich meinen ältesten in den Arm nahm, raus schaute und mir vorstellte wie diese Person verzweifelt an den Gleisen gestanden haben muss - dort, mitten im nirgendwo. Irgendwo Personen genau auf diese Person warten. Nichtsahnend was Ihnen die nächsten Stunden, Tage, Wochen oder sogar Jahre noch bevorsteht. Es ist schon seltsam wieviel 1000 Gedanken und Gefühle einem in solchen Momenten durch den Kopf und den Körper gehen. Ich glaube unser Zug stand hinter dem den es "erwischt" hat. Ich denke an den Lokführer. Die anderen Mitarbeiter im betroffenen Zug. Die Leute die wahrscheinlich unter Schock stehen weil der Zug vermutlich eine Vollbremsung gemacht hat. Vielleicht gab es einen Knall. Oder auch Geschrei aus der Fahrerkabine. Mein Großer fragt was los ist - was soll ich Ihm sagen? Ich lasse mir schnell irgendwas einfallen. Der Kleine ist immernoch unruhig. Ich beruhige Ihn wieder. Ich glaube er wird bald schlafen. Ich schaue wieder raus. Den einen Arm immernoch um den großen gelegt und ihn an mich gedrückt! Draußen sehe ich Leute. Wir sitzten nicht ganz vorne im Zug. Ich gehe davon aus das sind die Mitarbeiter aus unserem Zug und die vom Zug davor. Niemand geht mehr so nach Hause wie er noch vor 30 Minuten nach Hause gekommen wäre. Einige werden bei der Begrüßung Ihrer Lieben wahrscheinlich nochmal fest nachdrücken. Ein "Ich hab Dich Lieb" mehr sagen.

Ich weiß ja nicht wie lange der "Unfall" schon her war bevor wir gekommen sind. Jedenfalls, 45 Minuten nach unserem eintreffen ging es langsam weiter. Seltsamerweise ist draussen alles dunkel. Niemand da. Keine Autos, keine Leute. Als wenn nie etwas passiert wäre. Eine Tragödie die viele Leute in mitleidenschaft gezogen hat und ziehen wird. Und dort, wo es passiert ist, scheint alles so zu sein als wenn eben nie etwas passiert wäre. Weggewischt, ausgelöscht, unsichtbar - so wie sich die Person, die sich zuvor das Leben nahm vielleicht gefühlt hat. Mit diesen Gedanken setze ich, zusammen mit allen anderen, die Fahrt fort. Der Bus ist weg. Aber das ist nicht mehr so wichtig. Dann fahre ich mit einem Taxi. Irgendwie wird es gehen.
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zeraphine
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Re: Eine "Geschichte" aus meinem Leben - Person auf den Gleisen...

Beitrag von zeraphine »

Puhh.
Es ist wirklich heftig und es passiert wirklich soooooo oft!

Mein Kollege hat auch diesen Tod für sich gewählt. Die Beerdigung war schlimm. In der Kirche saßen seine Kinder auf der Bank neben meiner. Das ging ins Mark!

Und man vergisst es nie. Die Details wenn man damit in irgendeiner Form Kontakt hatte.
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Re: Eine "Geschichte" aus meinem Leben - Person auf den Gleisen...

Beitrag von Maggan22 »

Furchtbar :( Und dann bleibt ja meist die Frage nach dem warum. Ein mir sehr naher Verwandter hat sich auch das Leben genommen vor ein paar Jahren... Keine 30 Jahre alt.
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